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Stand: 26.10.2023 | Lesezeit: 6 Min.

Verbraucherinsolvenz (auch: “Privatinsolvenz”): Definition, Ablauf & Dauer

DAS WICHTIGSTE VORAB

  • Eine Verbraucherinsolvenz ist ein gerichtliches Verfahren, das überschuldeten Personen die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Neuanfangs ermöglicht. 
  • Im Regelfall dauert eine solches Verfahren, das aus einem Insolvenzverfahren und einem Verfahren auf Restschuldbefreiung besteht, 3 Jahre.
  • Bevor der Schuldner einen Insolvenzantrag (auch: mithilfe einer geeigneten Person oder Stelle) stellen kann, muss er eine außergerichtliche Schuldenbereinigung mit seinen Gläubigern versuchen. Führt das zu keinem Ergebnis, kann der Schuldner bei Gericht Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen.

Was ist eine Verbraucherinsolvenz?

Eine Verbraucherinsolvenz ist ein vereinfachtes Insolvenzverfahren, das dir dabei hilft, einen geordneten Weg aus der Schuldenfalle zu finden. Das Verfahren ist in der Insolvenzordnung geregelt. Ziel des Verfahrens ist es u.a., dir einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen, nachdem du die Wohlverhaltensphase erfolgreich durchlaufen und deine Verpflichtungen erfüllt hast. Die Restschuldbefreiung ermöglicht es dir, wieder ohne die erdrückende Schuldenlast am wirtschaftlichen Leben teilzunehmen.

Vor der Einleitung eines solchen Verfahrens, das mit einem außergerichtlichen Einigungsversuch beginnt, ist es ratsam, sich beraten zu lassen, um die individuelle Situation zu bewerten und die besten Schritte zu planen.

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Was ist der Unterschied zwischen Verbraucherinsolvenz und Privatinsolvenz?

Der Begriff „Privatinsolvenz“ wird umgangssprachlich oft als Oberbegriff für Insolvenzverfahren von natürlichen Personen verwendet, nämlich für die Verbraucherinsolvenz, die Regelinsolvenz oder die Nachlassinsolvenz. Jede Verbraucherinsolvenz ist also eine Privatinsolvenz, aber nicht jede Privatinsolvenz auch eine Verbraucherinsolvenz. Oft beziehen sich die Begriffe auf das gleiche Verfahren und werden gleichbedeutend verwendet, obwohl das strenggenommen nicht immer stimmt.

Wie läuft eine Verbraucherinsolvenz ab?

Eine Verbraucherinsolvenz hat einen klaren Ablauf: Am Anfang sollte immer eine professionelle Schuldnerberatung stehen und am Ende die Erteilung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht. In der Regel durchlaufen verschuldete Verbraucher die folgenden 6 Schritte:

  • Schuldenberatung (Schritt 1 von 6)
    Der erste Schritt ist der Kontakt mit einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle wie SCHULDLOS. Dort werden die finanzielle Situation und die Schulden des Schuldners analysiert, um zu prüfen, ob ein außergerichtlicher Einigungsversuch sinnvoll ist oder ob eine Verbraucherinsolvenz notwendig ist.
  • Außergerichtlicher Einigungsversuch (Schritt 2 von 6)
    Die Schuldnerberatungsstelle versucht zunächst, eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern zu erzielen. Ziel ist es, eine einvernehmliche Lösung zu finden, um eine Insolvenz zu vermeiden. In diesem Stadium wird ein Schuldenbereinigungsplan erstellt, in dem festgehalten wird, wie die Schulden abgebaut werden sollen.
  • Antragstellung (Schritt 3 von 6)
    Der Schuldner stellt einen Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht, damit das Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. Der Antrag beinhaltet Informationen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, den durchgeführten und gescheiterten Einigungsversuch, sein Vermögen und seine Gläubiger und deren Forderungen.
  • Insolvenzverfahren (Schritt 4 von 6)
    Nach Prüfung des Antrags wird das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter ernannt, der das Vermögen des Schuldners verwertet und an die Gläubiger verteilt.
  • Wohlverhaltensphase (Schritt 5 von 6)
    Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens befindet sich der Schuldner in der sog. Wohlverhaltensphase. Auch während dieser Zeit muss der Schuldner seinen Verpflichtungen, insbesondere seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten, nachkommen.
  • Restschuldbefreiung (Schritt 6 von 6)
    Nach Ablauf von 3 Jahren seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet auch die Wohlverhaltensphase und wird dem Schuldner vom Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung erteilt. Für den Schuldner liegen nun die Voraussetzungen für einen finanziellen Neuanfang vor.

Wie lange dauert eine Verbraucherinsolvenz?

Im Regelfall dauert es 3 Jahre bis das Ziel erreicht ist und die Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht erteilt wird. Dies gilt jedenfalls für alle Insolvenzanträge, die seit dem 1.10.2020 gestellt wurden. Vorherige Verfahren unterliegen anderen Fristen: Unterscheiden wird grundsätzlich zwischen Anträgen während der Übergangsfrist (17.12.2019 bis 30.09.2020) und davor.

Dauer der Verbraucherinsolvenz im Überblick

Frist                                                     Dauer

Antrag ab 1.10.2020 bis heute        3 Jahre

Antrag ab 17.09. bis 30.09.2020    4 Jahre 10 Monate

Antrag ab 17.08.2020                       4 Jahre 11 Monate

Antrag ab 17.07.2020                       5 Jahre 0 Monate

Antrag ab 17.06.2020                       5 Jahre 1 Monate

Antrag ab 17.05.2020                       5 Jahre 2 Monate

Antrag ab 17.04.2020                       5 Jahre 3 Monate

Antrag ab 17.03.2020                       5 Jahre 4 Monate

Antrag ab 17.02.2020                       5 Jahre 5 Monate

Antrag ab 17.01.2020                       5 Jahre 6 Monate

Antrag ab 17.12.2019                        5 Jahre 7 Monate

Antrag vor dem 17.12.2019             6 Jahre (Verkürzung möglich)

Wie kann ich eine Verbraucherinsolvenz vermeiden?

Wer verschuldet ist, sollte eine professionelle Schuldnerberatung aufsuchen und sich über die Möglichkeiten informieren. Manchmal können wir bei SCHULDLOS eine Verbraucherinsolvenz vermeiden, indem wir eine Einigung mit den Gläubigern für dich erzielen. Damit das klappt, benötigen wir ein richtiges und vollständiges Gläubiger- und Forderungsverzeichnis, ein vollständiges Vermögensverzeichnis und einen auf deine individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse abgestimmten Schuldenbereinigungsplan.

Beim Gläubiger- und Forderungsverzeichnis handelt sich um eine Aufstellung aller Gläubiger und deren offenen Forderungen gegen dich. Dieses Dokument bildet die Grundlage für alle weiteren Überlegungen und ist daher immer der erste Schritt in einer Schuldensanierung.

Was kostet eine Verbraucherinsolvenz?

Die gerichtlichen Verfahrenskosten setzen sich zusammen aus den Gerichtsgebühren und der Vergütung für den Insolvenzverwalter (bzw. den Treuhänder). Die Höhe der Kosten für eine Verbraucherinsolvenz lassen sich vor Antragstellung nur schätzen, oft müssen Schuldner aber mit Kosten von etwa EUR 2.000 EUR rechnen. Der genaue Betrag richtet sich nach den konkreten Begebenheiten des jeweiligen Verfahrens, insbesondere nach der Anzahl der Gläubiger, den Tätigkeiten des Insolvenzverwalters im Verfahren und der Höhe der Insolvenzmasse. Hinzu kommen die Kosten für die Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuchs, diese Kosten entstehen jedoch vor Antragstellung und sind nicht mit den Verfahrenskosten zu verwechseln.

Können mir die Kosten einer Verbraucherinsolvenz gestundet werden?

Die Verfahrenskosten für deine Privatinsolvenz musst du nur dann vor Eröffnung des Verfahrens bezahlen, wenn du über Vermögen verfügst. Wenn nicht, stellst du gleich mit dem Insolvenzantrag einen Antrag auf Verfahrenskostenstundung. Die Stundung ist ein Zahlungsaufschub. Bis zur Restschuldbefreiung (nach 3 Jahren) musst du keine Zahlungen leisten, die über das pfändbare Einkommen hinausgehen. Erst nach Erteilung der Restschuldbefreiung wirst du von der Landesjustizkasse zur Zahlung der Verfahrenskosten aufgefordert und kannst dann eine Ratenzahlung beantragen. Falls du jedoch bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung ein pfändbares Einkommen erzielt hast, fließt dieses zuerst in einen Topf, aus dem an erster Stelle die Verfahrenskosten bezahlt werden. Erst im Anschluss werden die Gläubiger bedient. In diesem Falle zahlen die Verfahrungskosten gewissermaßen deine Gläubiger.

Wie beantrage ich eine Verbraucherinsolvenz?

Zunächst musst du dich an eine geeignete Person oder Stelle wenden, dies kann ein Rechtsanwalt oder eine öffentlich zugelassene Schuldnerberatung wie SCHULDLOS sein. Die Schuldnerberatung wird deine Schuldenlage analysieren und prüfen, ob eine Verbraucherinsolvenz in deinem Fall sinnvoll ist. Vor dem eigentlichen Insolvenzantrag muss die Schuldnerberatung versuchen, sich außergerichtlich mit deinen Gläubigern zu einigen. Wenn der Einigungsversuch nicht erfolgreich war, kannst du einen Insolvenzantrag stellen. Dafür benötigst du ein Formular, das hierfür bundesweit einheitlich vorgeschrieben ist. Es ist wichtig, dass du den Antrag sehr sorgfältig ausfüllst und alle erforderlichen Unterlagen einreichst. Das Insolvenzgericht prüft dann den Insolvenzantrag und entscheidet über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Bestellung des Insolvenzverwalters.

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Häufige Fragen zur Verbraucherinsolvenz

Für wen gilt die Verbraucherinsolvenz?

Die Verbraucherinsolvenz richtet sich an natürliche Personen (Privatpersonen), die überschuldet sind und ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Sie ist für Verbraucher gedacht, also Personen, die keine selbstständige Tätigkeit ausüben oder kein Unternehmen führen. Für ehemals Selbstständige gilt folgendes: Das Verbraucherinsolvenzverfahren kann dann eröffnet werden, wenn die Vermögenssituation der ehemals Selbstständigen überschaubar ist und keine offenen Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Von Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse wird ausgegangen, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung nicht mehr als 19 Gläubiger hat.

Was passiert, wenn ich während der Privatinsolvenz arbeitslos werde?

Wenn du während des Insolvenzverfahrens bzw. Verfahrens auf Restschuldbefreiung deine Arbeit verlierst, musst du nachweisen, dass du aktiv nach einer neuen Stelle suchst und keine zumutbare Arbeit ablehnen. Wenn du diese sog. Erwerbsobliegenheit verletzt, kann dir die Restschuldbefreiung versagt werden. Daher ist es wichtig, die Erwerbsobliegenheit ernst zu nehmen und im Falle von Arbeitslosigkeit sich um eine neue Beschäftigung zu bemühen.

Kann ich mein Auto bei einer Privatinsolvenz behalten?

Auch das Auto oder sonstige Fahrzeuge des Schuldners fallen in die Insolvenzmasse und werden dementsprechend vom Insolvenzverwalter verwertet. Sein Fahrzeug darf der Schuldner daher oft nicht behalten. Ausnahmen bestehen dann, wenn der Schuldner für die Fahrt zum Arbeitgeber zwingend auf das Auto angewiesen ist oder der Wert des Fahrzeugs nicht höher ist als die voraussichtlichen Verwertungskosten.

Kann man bei einer Privatinsolvenz meine Eigentumswohnung pfänden?

In der Regel kann der Schuldner im Insolvenzverfahren seine Eigentumswohnung oder sein Haus nicht behalten. Das liegt daran, dass das Eigenheim zum Vermögen des Schuldners gehört und es daher vom Insolvenzverwalter zu verwerten ist. Der Insolvenzverwalter kann die Immobilie verkaufen oder im Wege der Zwangsversteigerung verwerten lassen. Ausnahmsweise kann von einer Verwertung abgesehen und die Immobilie aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben werden, wenn die Immobilie werterschöpfend belastet ist, sodass im Falle der Verwertung mit keiner Insolvenzmasse zu rechnen ist.

Kann meine Verbraucherinsolvenz scheitern?

Eine Verbraucherinsolvenz kann scheitern, wenn der Schuldner seine Obliegenheiten nicht erfüllt. Zu den bekanntesten Obliegenheiten gehören die Erwerbsobliegenheit, die Verpflichtung zur Auskunft und Mitwirkung während des gesamten Verfahrens und die Verpflichtung, die Vergütung des Treuhänders zu zahlen.